Neuer WIPO-Standard ST.26 für Sequenzprotokolle ist in Kraft getreten

Am 1. Juli 2022 trat der neue WIPO-Standard ST.26 für Sequenzprotokolle in Kraft.

Am 1. Juli 2022 trat der neue WIPO-Standard ST.26 für Sequenzprotokolle in Kraft.
Er wird von den Patentämtern der Länder und Organisationen, die Mitglieder der WIPO sind, weltweit umgesetzt. Dies hat zur Folge, dass der bisherige Standard ST.25 für Patentanmeldungen, die am oder nach dem 1. Juli 2022 eingereicht wurden bzw. werden, nicht mehr gilt. Alle an oder nach diesem Datum eingereichten Anmeldungen, die Aminosäure- und Nukleotidsequenzen offenlegen, müssen ein ST.26-XML-konformes Sequenzprotokoll enthalten. 

Wie werden Anmelder bei der Erstellung des ST.26-Standard-Sequenzprotokolls unterstützt?

Um Anmeldern die Erstellung eines Sequenzprotokolls, das dem ST.26-Standard entspricht, zu ermöglichen, hat die WIPO ein Desktop-Programm namens „WIPO Sequence" zur Verfügung gestellt (Download-Link). Zwar ist es theoretisch möglich, ein entsprechendes formatkonformes XML-Dokument auch mit einem gewöhnlichen Texteditor zu erstellen, aufgrund der syntaktischen wie inhaltlichen Komplexität des Standards und der Sequenzdaten kann hiervon jedoch nur dringend abgeraten werden.

Wie wird der neue WIPO-Standard ST.26 von den Patentämtern validiert?

Die Patentämter nutzen zur Validierung der eingereichten Sequenzprotokolle einen von der WIPO bereitgestellten Service, den „WIPO Sequence Validator“. Anmelder, die ihr Sequenzprotokoll auf Basis des „WIPO-Sequence-Programms“ erstellen und als valide geprüft haben, können also davon ausgehen, dass die Datei auch den Formerfordernissen der Patentämter weltweit genügt, da praktisch alle Ämter den gleichen Dienst der WIPO zur Validitätsprüfung nutzen.

Welche Vorteile hat der neue WIPO-Standard ST.26?

Aus Anmeldersicht ist die Einführung von ST.26 zu begrüßen. Zum einen wird hierdurch die Praxis der Patentämter bei der Validierung der Sequenzprotokolle vereinheitlicht. Der neue Standard ermöglicht auch eine größere Vielfalt an Sequenzinformationen, die sich auf nicht standardisierte Sequenzmerkmale beziehen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Der Hauptvorteil dürfte aber sein, dass mit „WIPO Sequence“ die Erstellung und Validierung von komplexen Sequenzprotokollen, die u. U. hunderte Sequenzen umfassen können, wesentlich vereinfacht wird. Es gibt eine „Bulk Edit-Funktion“ und auch der Import von Sequenzen im FASTA-Format ist möglich. Hierdurch können Copy-and-Paste-Fehler vermieden werden.

Können Probleme bei der Anmeldung nach WIPO-Standard ST.26 auftreten?

Probleme können aber bei Teilanmeldungen auftreten, die am oder nach dem 1. Juli 2022 eingereicht werden, die auf einer Stammanmeldung basieren, die vor dem 1. Juli 2022 eingereicht wurde (und für die dementsprechend weiterhin der ST.25 gilt). Das Europäische Patentamt verlangt in diesem Fall eine Umwandlung des Stamm-Sequenzprotokolls ST.25 in ein ST.26-Protokoll. Bei der Umwandlung von ST.25- in ST.26-Sequenzprotokolle kann zum derzeitigen Stand nicht ausgeschlossen werden, dass hierdurch Informationen in das ST.26-Sequenzprotokoll aufgenommen werden (müssen), die in dem ST.25-Protokoll der Stammanmeldung nicht enthalten sind. Der Biotechnologie-Ausschuss des epi hat bezüglich dieser Praxis des EPA Bedenken geäußert (Link).

Unsere Anwälte helfen Ihnen gerne bei der Erstellung von Sequenzprotokollen oder bei anderen Fragen im Kontext biotechnologischer Erfindungen weiter. Diese Mitteilung dient nur zu allgemeinen Informationszwecken und sollte nicht als Ersatz für eine Rechtsberatung in Bezug auf Ihre speziellen Umstände verwendet werden. Bitte beachten Sie, dass sich die Rechtslage seit dem Tag der Veröffentlichung eines Artikels ändern kann und in Ihrem speziellen Fall möglicherweise Umstände zu berücksichtigen sind, auf die dieser allgemein gehaltene Artikel nicht eingegangen ist.

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Autor: Dr. Thorsten Barnickel