Ab dem 1. April 2024 treten im Europäischen Patentamt (EPA) aktualisierte Prüfungsrichtlinien in Kraft, die einige Klarstellungen insbesondere für die Anmeldung und Prüfung von Patenten im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) mit sich bringen. Diese Änderungen berücksichtigen insbesondere, wie Algorithmen in KI-Erfindungen im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit bewertet werden.
Wesentliche Neuerungen in den Prüfungsrichtlinien
Die überarbeiteten Richtlinien klären den Umgang mit Algorithmen in KI-Erfindungen, speziell im Abschnitt G-II-3.3.1. Eine zentraler Ausgangspunkt ist, dass Algorithmen bekanntermaßen nur dann als Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, wenn sie einen technischen Charakter aufweisen. Eine wichtige Präzisierung der Prüfungsrichtlinien ist nun, dass nicht jede behauptete technische Wirkung automatisch in die Bewertung einfließt. Vielmehr muss die technische Wirkung eines maschinellen Lernalgorithmus klar erkennbar sein oder durch Erklärungen, mathematische Beweise, experimentelle Daten oder vergleichbare Nachweise belegt werden können. Oberflächliche Behauptungen sind nicht ausreichend.
Anforderungen an die Offenlegung von Trainingsdaten
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Offenlegung von Trainingsdaten. Die Richtlinien stellen klar, dass Merkmale des verwendeten Trainingsdatensatzes, die für die Reproduktion des technischen Effekts notwendig sind, offenbart werden müssen. Dies gilt allerdings nur, wenn diese Merkmale nicht ohne unangemessenen Aufwand aus dem allgemeinen Fachwissen abgeleitet werden können. Die Richtlinien fordern jedoch nicht die Offenlegung des spezifischen Trainingsdatensatzes selbst.
Praktische Auswirkung der neuen Prüfungsrichtlinien des EPA für KI-Erfindungen
Für die Praxis bedeutet das, dass technische Wirkungen von Algorithmen des maschinellen Lernens zwingend nach wie vor Erwähnung in Patentanmeldungen finden müssen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass dies a) plausibel ist und b) die technischen Wirkungen auch für die gesamte Breite der Patentansprüche gelten. Sofern eine technische Wirkung nur in Bezug auf spezielle Trainingsdaten plausibel ist, sollten Merkmale der Trainingsdaten unbedingt in der Patentanmeldung mit aufgenommen werden. Dies steht insbesondere Einklang mit der Entscheidung T0161/18, in welcher darauf abgehoben wurde, dass eine fehlende Angabe zu Details von KI-Trainingsdaten dazu führen kann, dass die Erfindung als nicht ausreichend offenbart angesehen werden muss (Art. 83 EPÜ).
Fazit
Die neuen Prüfungsrichtlinien des EPA setzen klare Standards für die Patentanmeldung von KI-basierten Erfindungen und betonen die Notwendigkeit einer präzisen Darstellung technischer Wirkungen und der dazugehörigen Trainingsdaten. Patentanwälte und Erfinder im Bereich der künstlichen Intelligenz sollten diese Änderungen genau studieren und ihre Anmeldungsstrategien entsprechend anpassen.
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Autor: Dr. Michael Schmid